„Mit dem Konzept stieg die Awareness“
Das Thema seltene Krankheiten begleitet Esther Neiditsch schon lange. Bevor sie im Jahr 2016 als Projektleiterin seltene Krankheiten zum Bundesamt für Gesundheit (BAG) stiess, engagierte sie sich bei ProRaris für die Anliegen der Betroffenen, zuerst als Mitglied des Gründungsteams und Präsidentin des Vorstands, später als Geschäftsleiterin.
In ihrer heutigen Rolle begleitet und koordiniert sie die Umsetzung des Nationalen Konzepts Seltene Krankheiten. Alle Fäden laufen im BAG zusammen. Viermal jährlich sorgt eine Koordinationssitzung dafür, dass alle Beteiligten auf dem aktuellen Stand sind.
Das Konzept war ein entscheidender Schritt
„In den letzten Jahren hat sich viel getan“, sagt Esther Neiditsch. „Das Konzept Seltene Krankheiten des Bundes war ein entscheidender Schritt. Denn bis dahin gab es keine nationalen Bestrebungen, um die schwierige Situation der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Mit dem Konzept erhielt das Thema seltene Krankheiten die nötige Aufmerksamkeit. Dazu hat auch die Gründung von ProRaris beigetragen.“
Eckpfeiler des Konzepts auf gutem Weg
Seither ist viel geschehen. Spezialisierte Anlaufstellen für Menschen mit seltenen Krankheiten mit oder ohne Diagnose sind mittlerweile in der ganzen Schweiz mit einem differenzierten Angebot im Aufbau. Das ist ein wichtiger Meilenstein, der die Suche nach dem richtigen Ansprechpartner für Betroffene ein Stück weit vereinfachen wird. Neben den Zentren für seltene Krankheiten, deren Anerkennung angelaufen ist, sollen zukünftig sogenannte Referenzzentren für spezifische Krankheitsgruppen entstehen. „Ziel ist, Expertise zu bündeln und das ganze System transparenter zu machen, damit sich die Patientinnen und Patienten besser und schneller zurechtfinden. Bis die ganze Struktur steht, wird es noch etwas dauern. Aber damit wird sich die Situation merklich verbessern“, erklärt Esther Neiditsch.
Datenlage verbessern
Nach Schätzungen leben in der Schweiz über eine halbe Million Menschen mit einer seltenen Krankheit. Genaue Zahlen gibt es nicht. Das sollen die Kodierung mit Orphacodes und das Schweizer Register für seltene Krankheiten, das einzelne betroffene Personen erfasst, ändern. „Das Register eröffnet ganz neue Möglichkeiten und ist für eine bessere Versorgung entscheidend. Das Ziel ist, die Häufigkeit von seltenen Krankheiten genauer zu erfassen und diese besser sichtbar zu machen. Davon wird auch die Forschung profitieren“, so Esther Neiditsch.
Entlastung im Alltag
Noch sind nicht alle Herausforderungen gelöst, so etwa die langfristige Finanzierung der Projekte. Das BAG werde die noch laufenden Projekte sicher noch bis Ende 2021 begleiten, sagt die Projektleiterin.
Was sie sich für die Zukunft erhofft? Esther Neiditsch muss nicht lange überlegen: „Entlastung im Alltag für die Betroffenen und ihre Angehörigen.“ Die medizinische Versorgung sei das eine. Das andere die Bewältigung des Alltags, namentlich mit einem kranken Kind. Dabei gehe es unter anderem um Informationsbeschaffung – wo erhalte ich welche Unterstützung, was wird von den Sozialversicherungen übernommen? Damit könnten lange Wege und teilweise unnötige Behördengänge erspart werden. „Wenn wir das hinbekommen in 2-3 Jahren, könnte das die Lebensqualität der betroffenen Familien erheblich verbessern.“